Mit Corona wurde alles anders. Was einst unmöglich schien, war plötzlich Realität. Wir waren nach langer Zeit (zum Glück!) dazu gezwungen worden unsere eingefahrenen Gewohnheiten endlich zu ändern und begegneten unseren Mitmenschen auf einmal in Videokonferenzen statt bspw. in Büroräumen. Ein positiver Nebeneffekt: Automatisch waren weniger Autos und Flugzeuge unterwegs, was zu einem geringeren CO2-Ausstoß und dementsprechend zu einer geringeren Umweltbelastung führte. Die Vorteile und Potenziale der digitalen Transformation wurden sichtbar, wodurch es vielen Menschen einfacher fiel diese als unausweichlichen Fortschritt zu akzeptieren.
Gaming-Faktor steigert Motivation
Noch weit weniger greifbar ist für viele Menschen die „neue“ Technologie der Virtual und Augmented Reality (VR/AR). Während VR/AR bei Spiele-Entwicklern, allen voran Nintendo, bereits seit vielen Jahren erfolgreich genutzt wird, findet man die Technologie in der Arbeitswelt bislang kaum bis überhaupt nicht vor. Dabei wären die Möglichkeiten, bspw. im Bildungswesen und der Personalentwicklung enorm. Gerade im Bereich des adaptiven Lernens kann durch gut umgesetzte Simulationen ein praxisnaher Lerneffekt entstehen. So kann man schon heute durch künstlich rekonstruierte Meeresgebiete tauchen und sich ein Bild von der unsäglichen Verschmutzung der Ozeane machen. Integriert man nun einen Gaming-Faktor, erhält der Spielende bspw. die Möglichkeit das Meeresgebiet auf eigene Faust zu säubern und „verstaubte“ Korallenriffe wieder in all ihrer Farbenpracht zum Leuchten zu bringen. Ein positiver Impuls, um einen Beitrag für den Klimawandel und den Erhalt der Artenvielfalt zu leisten. Der Wettkampf mit anderen Spielenden ist ein weiterer essenzieller Baustein von Gamification. Durch kompetitive Elemente lässt sich die intrinsische Motivation erfahrungsgemäß noch einmal beträchtlich steigern (siehe QuizDuell oder Pokémon Go).
CO2-Ausstoß reduzieren durch virtuelle Expansion
Die Chancen der Technologie lassen sich auch auf die Geschäftswelt übertragen. Warum sollte man für einen Hin- und Rückflug über den Atlantik pro Person 4-5 Tonnen CO2-Ausstoß erzeugen, wenn man für internationale Meetings nur zur VR-Brille greifen müsste? Es ist höchste Zeit, Bewährtes gründlich auf den Kopf zu stellen. Müssen wir tatsächlich unsere wertvollen Naturflächen roden und zerstören, um ein weiteres Wohn- und Gewerbegebiet aus dem Boden erwachsen zu lassen? Oder können wir auch virtuell expandieren? Aus Hollywood kennen wir die Matrix – eine virtuelle Welt ohne Grenzen. 23 Jahre nach Veröffentlichung des Films können wir mittlerweile eigene Räume in VR erstellen und sie exakt nach unseren Bedürfnissen einrichten und gestalten. Bauänderungen können flexibel ohne den Einsatz von Baufirmen und -maschinen vollzogen werden. So kann das modernste Büro der Welt entstehen, ohne dass je ein Mauerstein versetzt wurde. Der Fortschritt ist hier durchaus weiter, als von den meisten Menschen angenommen.
Networking rund um den Globus
Wenngleich die Vorteile von Präsenzlehre bzw. persönlichem Austausch ohne Zweifel nicht von der Hand zu weisen sind, lohnt sich ein Ausflug in die virtuelle Welt auch zum beruflichen Netzwerken. Nach einem entspannten Abendessen könnte man bspw. spontan einem spannenden Meeting von einem Gastgeber in New York beitreten. Wir würden einen Raum, gefüllt mit Menschen aus allen Winkeln dieser Welt betreten. Fände eine interessante Begegnung statt, könnte ich mich auch jederzeit mit meinem Gegenüber in einen ruhigeren Raum zurückziehen, um vertraulich unter vier Augen zu sprechen. Wie viel CO2 dafür ausgestoßen wurde? Das zeigt eine Untersuchung des Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) und des Öko-Instituts für das deutsche Umweltbundesamt, die, je nach ermittelter Übertragungstechnologie, rund 2 bis 13 Gramm CO2-Emission pro Stunde Video-Streaming berechnet. Hierbei muss erwähnt werden, dass leitungsgebundene Internetanbindungen wie Glasfaser um das mehrfache energie- und damit CO2-sparender sind als mobile Internetverbindungen über 4G oder in Zukunft 5G.
Es gibt dementsprechend unglaubliches Potenzial für massive Einsparungen. Das müssen wir uns bewusst machen, statt uns mit unseren Ängsten selbst im Weg zu stehen.
Einige spannende Anwendungs-Empfehlungen zum Ausprobieren:
- AltspaceVR (Meetups zu diversen Themen Sprachkurse, uvm.)
- VirBELA oder frameVR (vor allem für Unternehmen interessant, die Meetings in virtuellen Räumen organisieren möchten, z.B. Projekt Planung, Scrum Meetings, Mitarbeiter-Training usw.)
- Spatial (3D Produkt Design in AR und VR, Entwicklung und Kollaboration in kleineren Gruppen)
- Mozilla Hubs (100% webbasiert, also für jedes Gerät zugänglich, das über einen Web-Browser verfügt)
Über den Autor:
Florian Ziegler ist Berater im Zukunftszentrum Süd beim Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft gGmbH.