Familienunternehmen spielen eine bedeutende Rolle in der deutschen Wirtschaftslandschaft. Auch in familiär geführten Unternehmen sind Strategien gefragt, um den digitalen Wandel zu gestalten. Zahlreiche Unternehmen stehen vor einer weiteren Herausforderung – dem Generationenwechsel. Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM Bonn) schätzt, dass in den Jahren 2022 bis 2026 in rund 190.000 Familienunternehmen die Unternehmensnachfolge geklärt werden muss. Insgesamt fast 40.000 Unternehmen in Bayern und knapp 35.000 Unternehmen in Baden-Württemberg sind davon betroffen (vgl. IfM Bonn (Hg.): Daten und Fakten Nr. 27, Dezember 2021, Bonn, „Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2022 bis 2026“, online abrufbar).
Ein Unternehmen, das bereits aktiv die Unternehmensnachfolge umsetzt, ist die Paggen Werkzeugtechnik GmbH aus Starnberg. Das Zukunftszentrum Süd durfte das Unternehmen auf einem Stück des Weges begleiten. Sandra Paggen-Breu, Geschäftsführerin und Nachfolgerin bei der Paggen GmbH, gab im Rahmen der Veranstaltung „Fortschritt Gemeinsam Gestalten“ am 01.12.2022 einen lebendigen Einblick in die digitalen Entwicklungen. Als Sprecherin auf der Good Practice Stage zeigte sie den Weg seit der Gründung 1990 auf und beschrieb, welche Änderungen im Rahmen der Nachfolge umgesetzt und angestoßen wurden. Die Aufzeichnung des Beitrags finden Sie hier.
Gründung und Entwicklung
Das Unternehmen Paggen Werkzeugtechnik GmbH verkauft Maschinen und Geräte für die Elektronikfertigung. Der Kundenstamm besteht aus Unternehmen unterschiedlichster Größen, vom Entwickler bis zum Konzern. Die Paggen GmbH wurde 1990 von dem Ehepaar Paggen gegründet, im Jahr 2014 stieg die Tochter Sandra Paggen-Breu in das Familienunternehmen ein. Anfang 2023 übernahm Sandra Paggen-Breu offiziell die Geschäftsführung des Unternehmens.
Mit einem individuell entwickelten ERP-System (seit 1990), der Unternehmens-Website (seit 1998) und einem eigenen Onlineshop (seit 2003) sei das Unternehmen schon immer digital gut aufgestellt gewesen, so Paggen-Breu. Nach Eintritt in das Familienunternehmen wurden durch Sandra Paggen-Breu weitere digitale Lösungen angestoßen, wie die Einführung einer Cloudlösung, die Erneuerung des ERP-Systems im Jahr 2015.
Der Familie Paggen war es schon immer wichtig langfristige Kundenbeziehungen zu pflegen. Die Kontaktaufnahme zum Unternehmen sollte möglichst barrierearm gestaltet werden. Hierfür kamen wie oben beschrieben schon immer auch digitale Lösungen zum Einsatz. Frau Paggen-Breu brachte bereits weit vor Beginn der Corona-Pandemie den Aspekt des mobilen Arbeitens mit in den Betrieb. So war die Paggen GmbH 2020 bestens gerüstet, um aus Homeoffice weiter problemlos zu agieren. Im Homeoffice wurde der Kundenkontakt über Online-Kommunikationskanäle wie TEAMS und Zoom aufrechterhalten. Darüber hinaus wurden den Kunden Remote-Demos angeboten, die dankend angenommen wurden. Digitalisierung heißt auch, dass sich Anforderungen und Kommunikation im Laufe der Zeit verändern. So seien heute Live-Demos bei Paggen wieder deutlich gefragter, um Maschinen auch (wieder) live erleben zu können. Paggen plant ein umfangreiches Relaunch der Website, ist aber auch weiterhin online erreichbar für seine Kunden.
Begleitung durch das Zukunftszentrum Süd
Unterstützt und beraten durch das Zukunftszentrum Süd widmete sich das Unternehmen 2022 aktiv dem Thema digitale Transformation. Gemeinsam wurde in Einzelgesprächen mit dem Berater Vincent Homp (bbw GmbH) vom Zukunftszentrum Süd erarbeitet, dass die Paggen Werkzeugtechnik GmbH bereits eine hohe Digitalisierungskompetenz besitzt. Digitaler Wandel bei Paggen sollte jedoch nicht hierarchisch top down von der Unternehmensführung vorgegeben werden, deshalb nahm Sandra Paggen-Breu gemeinsam mit dem gesamten Team an den Qualifizierungsworkshops des Zukunftszentrums teil. Im Prozess wurden zuerst die wichtigsten Werte des Unternehmens erarbeitet: persönlicher und langfristiger Kontakt zu Kunden, Kompetenz, Zuverlässigkeit und Flexibilität. Im zweiten Schritt wurden Potenziale identifiziert.
Sandra Paggen-Breu skizziert einige Neuerungen im Unternehmen, die durch den Beratungsprozess umgesetzt werden konnten. Insbesondere vor dem Hintergrund der Nachfolgesituation im Unternehmen und im Hinblick auf den vorherrschenden Fachkräftemangel wurden interne Prozesse optimiert, um doppelte Arbeit zu vermeiden. Beispielsweise wurde die Ablagestruktur neu definiert. Eine umfangreiche technische Neuerung besteht in der Anbindung von ERP-System und Onlineshop. Außerdem wurde das Informationsmanagement an der Schnittstelle zu Lieferanten und Kunden optimiert. Jedem Lieferanten wurde ein fester Ansprechpartner zugeordnet. Dies ist ein schönes Beispiel dafür, dass Maßnahmen im Rahmen des Transformationsprozesses nicht zwingend die Implementierung einer technischen Lösung darstellen müssen. Paggen Werkzeugtechnik GmbH geht außerdem neue Wege im Marketing. Bisher eher konservative Marketingaktivitäten über die Unternehmenswebsite, Presse, Messen und Newsletter wurden ergänzt, um auch die jüngere Generation besser zu erreichen. Sandra Paggen beschäftigt sich nun aktiv mit den Themen Social Selling und Personal Branding, um die Marke Paggen zu stärken und für die unternehmerische Zukunft besser aufzustellen.
Das Zukunftszentrum Süd unterstützt kleine und mittlere Unternehmen mit Beratungs- und Weiterbildungsangeboten dabei, die Chancen des digitalen Wandels und der künstlichen Intelligenz zu nutzen.
Sie möchten Digitalisierung mithilfe des Angebots des Zukunftszentrums gestalten? Nehmen Sie Kontakt auf und vereinbaren Sie gerne einen persönlichen Termin!
Über die Autorin: Julia Wittmann wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) gGmbH. Das f-bb ist Konsortialleitung des Zukunftszentrum Süd.