Interview mit Prof. Dr. Steffen Kinkel
Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Beinahe täglich kommen neue KI-Anbieter mit innovativen Tools und Anwendungen auf den Markt, die Fortschritt und Arbeitserleichterung versprechen. Doch woher weiß ich als Unternehmen, das sich mit dem Einsatz von KI befassen möchte, was eigentlich das richtige Produkt für mich ist und welche Lösungen sinnvoll für meinen Betrieb sind? Wir haben dazu mit Prof. Dr. Steffen Kinkel gesprochen, Projektleiter im Kompetenzzentrum KARL, einem unserer Netzwerk- und Kooperationspartner im Zukunftszentrum.
[Julia Becker]: Guten Morgen Herr Prof. Dr. Kinkel. Ich freue mich, dass Sie heute hier sind und mit mir sprechen. Vielleicht können Sie mir kurz etwas zu KARL erzählen.
[Steffen Kinkel]: KARL steht für Künstliche Intelligenz für Arbeit und Lernen in der Region Karlsruhe. Das Projekt ist eines von 14 Regionalen Kompetenzzentren der Arbeitsforschung, die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden. Die Kompetenzzentren sind „ONE-STOP-SHOPS“ für Fragen der Arbeitsforschung, in unserem Fall zu Künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt. Wir in KARL beschäftigen uns mit der Frage wie Menschen mit den modernen Technologien und der digitalen Transformation in Organisationsstrukturen bestmöglich umgehen.
[Julia Becker]: Vielen Dank für diese kurze Einordnung. Sie haben sich im Projekt intensiv mit dem Thema des KI-Matchmaking auseinandergesetzt. Was ist der Hintergrund?
[Steffen Kinkel]: Wir haben immer wieder Anfragen von kleinen und mittleren Unternehmen im Kompetenzzentrum nach dem Motto: „Wir wissen KI ist eine aufkommende Technologie. Wir wissen sie kann helfen Prozesse zu verbessern und Menschen bei Tätigkeiten assistieren. Sagen Sie uns doch mal, was wir für eine KI anwenden sollen.“ Ganz so einfach ist das natürlich nicht. Es muss schon klar sein, für welchen Anwendungsfall man eine KI-Lösung sucht und welches Problem man damit lösen möchte. Die große Herausforderung ist hier den Überblick zu behalten. Ich muss wissen, was es denn überhaupt für Möglichkeiten gibt, eine KI-Lösung einzusetzen, was möglich ist und wie das zur jeweiligen betrieblichen Problemlage und dem Unternehmen passt. Da wollen wir mit verschiedenen Methoden im Projekt KARL gerne unterstützen.
[Julia Becker]: Das klingt super spannend. Erzählen Sie mir ein bisschen davon. Wie finde ich das richtige „Match“ mit Ihrer Hilfe?
[Steffen Kinkel]: Zum einen haben wir eine Auswahlsystematik entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Sammlung von Steckbriefen zu bereits jetzt in der Praxis gängigen KI-Lösungen. Diese können gezielt nach einem relevanten Anwendungsbereich wie Qualitätssicherung, Produktion oder Bildbearbeitung durchsucht werden. Dazu finden sich jeweils Anschauungsbeispiele, von denen sich die Unternehmen im Sinne der Good-Practice inspirieren lassen können. Am Ende geht es dabei darum, das Abstrakte greifbar zu machen und auf die betriebliche Praxis herunterzubrechen. Der zweite Baustein des Matchmaking ist ein Veranstaltungsformat. Die Grundidee ist: Unternehmen können am besten selbst einschätzen, was KI-Lösungen ermöglichen und ob das etwas für das Unternehmen ist, wenn sie die Anbieter der Software kennenlernen und ihre persönlichen Fragen stellen können. Solch ein Format bieten wir am 25. Juni nachmittags in Karlsruhe an. Dort werden etwa 18-20 junge KI-Unternehmen ihre innovative Lösung pitchen. Ein Pitch bedeutet: kurz, knapp und präzise in wenigen Minuten auf den Punkt bringen, was das Tool kann. Begleitend findet ein Marktplatz mit Ständen statt. An diesen können die interessierten mittelständischen Betriebe mit den Anbietern das Gespräch suchen. Im besten Fall entstehen aus den Kontakten bereits Ideen für gemeinsame Projekte und Ansatzpunkte. Der Vorteil ist: Ich kann als Unternehmen meine Herausforderungen schildern oder Ideen mitbringen, wo der KI-Einsatz im Unternehmen Sinn macht. Das Start-Up kann dazu unmittelbar Stellung beziehen und aufzeigen, was das Tool für mich leisten kann. Helfen möchten wir damit natürlich beiden Seiten: Sowohl den Unternehmen auf der Suche nach der richtigen KI-Lösung als auch den Start-Ups, die ihr Produkt in den Markt bringen möchten.
[Julia Becker]: Bei der Suche nach einer passenden Anwendung steht also das persönliche Gespräch im Vordergrund. Aus ihrer Sicht ist es wichtig, dass ich ein Gefühl dafür bekomme, was die jeweilige KI-Lösung bietet. Es geht nicht darum, Künstliche Intelligenz nur um der KI Willen einzuführen. Es braucht eine Passung zwischen dem Bedarf und der Lösung.
[Steffen Kinkel]: Richtig, schlussendlich ist KI eine digitale Technologie. Die Technologien sollen dazu da sein, Arbeitsprozesse zu optimieren, Menschen bei lästigen Aufgaben zu entlasten und sie bei Ihrer Kreativität und Wertschöpfung zu unterstützen. Damit das funktioniert, muss das Denken hin zur Lösung jedoch immer von der konkreten Herausforderung ausgehen. Im Vordergrund steht die Frage: Was möchte ich besser machen? Nicht: „Ich brauche KI und jetzt führen wir das mal ein und schauen, ob das funktioniert und wo das funktioniert.“
[Julia Becker]: Ich bedanke mich für das Gespräch, Herr Prof. Dr. Kinkel.
Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben, schauen Sie doch am 25. Juni bei KI-Connect von 13:30 – 18:30 Uhr im SmartProductionPark (Karlsruhe) vorbei. Eine vorherige Anmeldung ist erforderlich. Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie auf unserem LinkedIn-Kanal.
Autorin/Interviewerin: Dr. Julia Becker, Projektkoordinatorin im Zukunftszentrum Süd und am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung.
Gesprächspartner: Steffen Kinkel, Professor im Fachbereich Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Karlsruhe (HKA), Leiter des Forschungsinstituts für Lernen und Innovation in Netzwerken (ILIN) und Projektleiter im Kompetenzzentrum KARL: Künstliche Intelligenz für Arbeit und Lernen in der Region Karlsruhe